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Roskilde: Ein Sicherheitsfonds für die
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Zweieinhalb Wochen nach dem Tod von neun Konzertbesuchern
beim Roskilde-Festival haben die dänischen Veranstalter eine Stiftung
gegründet, die sich für die Verbesserung der
Sicherheitsvorkehrungen bei Großveranstaltungen
einsetzen soll. Die Rockband Pearl Jam hat sich mittlerweile vom Schock
erholt und bereitet ihre US-Tournee vor.
Die Entscheidung der Festivalleitung für den "Roskilde 2000 Tragedy Fund" sei auf große Zustimmung bei den Fans und in der Musikindustrie gestoßen, hieß es in einer Erklärung der Veranstalter, der Roskilde Wohltätigkeitsgesellschaft
Die amerikanische Rockband Pearl Jam, bei deren Auftritt am 30. Juni neun Fans im Gedränge zu Tode kamen, beginnt langsam damit, ihren Schock zu überwinden: In einer am Montag (17. Juli) veröffentlichten Erklärung sprachen die Musiker den Familien der neun Todesopfer erneut ihr tief empfundenes Beileid aus. "Der Zustrom von Liebe und Unterstützung durch die 'Jamily' (Fan-Community) ist sehr stark und hilfreich dabei gewesen, uns wieder zu Kräften kommen zu lassen", hieß es in einer Mitteilung der Band auf ihrer Internet-Seite.
Nachdem Pearl Jam wegen der Tragödie die verbliebenen
Konzerte der Europatournee abgesagt hatten, bereitet sich die Gruppe nun
auf ihre Nordamerikatournee vor, hieß es
beim Online-Dienst Sonicnet. Vor dem Start am
3. August in Virginia Beach werde intensiv an den Sicherheitsvorkehrungen
gefeilt. "Unsere Shows waren immer sehr sicherheitsbewusst", hieß
es in einer Erklärung der Band. "Wir werden unsere Bemühungen
weiter verstärken, eine großartige und sichere Show für
alle zu machen."
Die Roskilde-Veranstalter um Leif Skov, der nach
dem Unglück vor allem von Oasis-Sänger Liam Gallagher vehement
kritisiert worden war, betonten unterdessen, dass nach den bisherigen Polizeiermittlungen
niemand für den Tod der neun Musikfans direkt verantwortlich gemacht
werden könne. Gerichtsmediziner hätten festgestellt, dass die
neun Opfer - alles Männer - erstickt seien, nachdem sie unter dem
Druck von 50.000 zur Bühne drängender Menschen auf den Boden
gestürzt seien. "Mängel in der Sicherheitsausstattung des Festivals
wurden nicht entdeckt; im Gegenteil, alles, was geprüft wurde, entsprach
den Standards. Es ist ein Trost - in diesem Fall aber ein nutzloser - dass
Profis in der Musikindustrie das Roskilde-Festival als eines der sichersten
und methodisch sorgfältigsten Festivals in Europa ansehen", schrieben
die Veranstalter in ihrer Erklärung. "Dass dieser Unfall dennoch in
Roskilde geschah, muss allen zu denken geben - nicht zuletzt den vielen
Orten, an denen die Sicherheitsvorkehrungen weniger
sorgfältig sind."
Die Organisatoren des Roskilde-Festivals wollen den beim Pearl-Jam-Auftritt umgekommenen jungen Männern zudem ein Denkmal setzen, wie sie ankündigten. Es handelt sich bei den Opfern um jeweils einen Australier, Deutschen und Niederländer sowie drei Dänen und drei Schweden. Die Gage, die Oasis und die Pet Shop Boys für ihren Auftritt erhalten hätten, sollen dem neugegründeten Fonds zufließen. Mit den Bands seien entsprechende Gespräche aufgenommen worden.
Die Pet Shop Boys hatten bereits am 5. Juli ihre Bereitschaft bekundet, ein Gedenkkonzert für die Opfer zu geben, allerdings auf keinen Fall in Roskilde. Die Veranstalter verteidigten in ihrer jüngsten Erklärung erneut ihre Entscheidung, das Festival nach dem Unfall nicht abgebrochen zu haben. Es wäre zu gefährlich gewesen, 75.000 traumatisierte Fans nach Hause zu schicken, deren Bus-, Zug- und Fährverbindungen erst nach dem Ende der Veranstaltung gebucht gewesen waren.
Uwe
Käding
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(C) SPIEGEL ONLINE - 19. Juli 2000, 12:30
Den Artikel erreichen Sie im Internet unter der
URL
http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,85917,00.html
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